InterviewKießling

Automatisierte Fertigung im Dentallabor: Ohne Kette kein Prozess

Kategorie: Fräsmaschinen
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Automatisierte Fertigung ist ein zukunftsweisender Trend in der Zahntechnik. Aber wie kann im Dentallabor eine vollautomatisierte Fertigungskette gestaltet werden? Dieser Zahntechniker zeigt es am Beispiel seines Labors.

Man muss nicht in eine pulsierende Start­-up-Metropole fahren, um zu sehen, wie ein Dentallabor mit vollautomatisierten Prozessketten den Fräsmarkt erobert. Es reicht eine Fahrt in das beschauliche Wadersloh­Liesborn in Westfalen. Hier auf dem „platten Lande“ hat die DMF DentalManuFactur ihren Sitz.

Im Interview gibt Harald Kießling, Inhaber der DentalManuFactur, Einblicke in den digitalen Laboralltag und geht auf etwaige Fallstricke und progressive Lösungsansätze ein.

Herr Kießling, Sie sind frühzeitig in die CAD/CAM-Fertigung eingestiegen. Wann und warum sind Sie diesen Schritt gegangen?

(Lacht) Gefühlt ist das so lange her, dass ich mich nicht daran erinnere. Im Jahr 2007 gründeten wir die DMF DentalManuFactur mit Fokus auf die digitale Fertigung. Mein Einstieg in die dentale CAD/CAM-Welt erfolgte jedoch früher, so Anfang der 2000er Jahre. Schon in den 90er Jahren habe ich eine dreijährige EDV-Ausbildung genossen, die in mir das Interesse für digitale Prozesse weckte.  

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Mir war klar, dass in der automatisierten Fertigung die Zukunft liegen wird. Es reicht nicht, sich auf aktuellem Niveau „auszuruhen“; vielmehr sollte sich ein Unternehmen auch auf neue Möglichkeiten einlassen und sich weiterentwickeln.

– Harald Kießling
Inhaber DentalManuFactur

Haben Sie damals geahnt, wie sehr die Digitalisierung Ihren Laboralltag verändern wird? 

Dass wir mit digitalen Technologien ein so hohes Niveau erreichen würden, habe ich insgeheim vielleicht gehofft, aber nicht geahnt. Die Entwicklungen in CAD/CAM und Werkstoffkunde haben unseren Beruf komplett gewandelt.

Bei der Gründung unseres Labors war die Zahntechnik eine andere. Viele Geräte, mit denen wir heute täglich arbeiten, waren noch gar nicht auf dem Markt.

Auch heute passen wir unser Leistungsspektrum kontinuierlich an und nutzen die technischen Entwicklungen für uns. Grundsätzlich gehen wir die Digitalisierung bewusst mit und verfolgen Entwicklungen. Zugleich agieren wir besonnen und stürzen uns nicht sofort auf jedes neue Gerät.  

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Ich bin schrittweise in die dentale CAD/CAM-Welt eingestiegen und während der vergangenen 25 Jahre mit ihr gewachsen. 

– Harald Kießling
Inhaber DentalManuFactur

Heute haben Sie eine professionelle Produktionsstraße etabliert. Wie viele CAM-Fräsmaschinen stehen in Ihrem Labor und für welche Indikationen sowie Materialien werden sie genutzt? 

Wir haben fünf Scanner, vier Fräsanlagen, zwei 3D-Drucker; unser kleiner komplexer Maschinenpark ist jederzeit erweiterbar. Die Maschinen sind auf die jeweiligen Werkstoffe abgestimmt. So nutzen wir die K5-Maschine für das Fräsen von Zirkonoxid und Kunststoff. NEM, Titan und Glaskeramik fräsen wir mit der großen DC5.

Was die Werkstoffe anbelangt, sind wir wählerisch. Wir bieten so gut wie alle Werkstoffe an, fokussieren uns aber auf das Wesentliche: Qualität. Wir nutzen nur hochwertige Materialien mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis – wobei Qualität klar vor Wirtschaftlichkeit steht.  

Was macht eine automatisierte Prozesskette aus und wie können Dentallabore diese etablieren? 

Ohne Kette kein Prozess! Eine automatisierte Prozesskette bedeutet für mich das sinnvolle Verknüpfen von Teilprozessen zu einem durchgängigen Ablauf.

In unserem Labor ist alles vernetzt. Auf einem Server laufen alle Daten zusammen. Niemand läuft mit dem USB­-Stick von einem Gerät zum anderen. Aus meiner Sicht ist eine solche interne Vernetzung unverzichtbar, um einen echten Prozessablauf zu etablieren.

Jedoch verlangt dies fundiertes Wissen und das muss man sich erarbeiten. Dies sollte Teil der zahntechnischen Ausbildung sein. Alternative wäre ein externer Partner, aber letztlich sollte laborintern eine Person „den Hut aufhaben“.  

Wie wichtig ist das fundierte Wissen rund um Fräsparameter?  

Zahntechniker und Zahntechnikerinnen sollten die Wichtigkeit der Fräsparameter verstehen und ggf. selbstständig eingreifen können. Die in der CAM-Software eingestellten Parameter für die Berechnung der Fräsbahnen bestimmen viele Aspekte, z. B. Oberfläche des Objektes, Passungsgenauigkeit, Bearbeitungszeit, Werkzeugverschleiß etc. Die eingestellten Parameter werden in Frässtrategien zusammengefasst und für die verschiedenen Werkstoffe und unterschiedlichen Objekte separat gespeichert. Das ist Teil der internen Prozesskette und gehört zum Qualitätsmanagement.  

In der Regel sind die Parameter vorkonfiguriert. Wann greifen Sie als Zahntechniker ein? 

Die CAM-Software „sagt“ der Maschine, wie ein Objekt gefräst werden soll. In der Regel liefern Maschinenhersteller vorprogrammierte Frästemplates. Während einige den Zugriff auf die Parameter sperren, können bei anderen Maschinen Anpassungen vorgenommen werden. Ich persönlich finde es besser, in bestimmten Situationen in die Fräsparameter eingreifen zu können.

Letztlich gilt, dass die CAD-Konstruktion mit den Parametern der CAM-Einheit harmonisiert. Dies ist bei uns in der Prozesskette zentral organisiert. Die Frässtrategien sind perfekt abgestimmt. Die hinterlegten Parameter sind „verriegelt“ und können nur in meinem Auftrag verändert werden. So behalten wir unseren Qualitätsstandard gleichbleibend hoch.  

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Beispiel: „Implantatkrone aus Lithium-Disilikat mit Schraubkanal“. Die voreingestellten Templates hatten einen zu hohen Vorschub beim Fräsen. Dadurch wurde zu schnell zu viel Material abgetragen. Wir haben die Frässtrategie angepasst und können seither diese Indikation problemlos umsetzen. Fazit: Hat das Labor keinen Zugriff auf die Parameter, werden schnell Grenzen erreicht. 

– Harald Kießling
Inhaberr DentalManuFactur

Was tun Sie, wenn Sie beim CAM-Fräsen ein Problem haben, das Sie allein nicht lösen können? 

Diese Situationen kommen vor. Dann ist es wichtig zu wissen, wen man fragt. CAD/CAM-Experten, die sich täglich mit diesem Thema befassen, sind eine gute Adresse. Idealerweise verfügen sie über dentales Fachwissen, sodass spezifisch unsere Problemstellung aufgegriffen werden kann.

Ich habe sehr gute Erfahrung mit der Connect-Hotline von Henry Schein. Das Support-Team ist hochkompetent und hilft sofort. Und oftmals ist dann die Lösung wirklich nur einen Anruf weit entfernt. 

Aktuell revolutionieren Intraoralscanner den Workflow in der Zahntechnik. Wie gehen Sie mit den Scandaten um, die Ihnen aus der Zahnarztpraxis zugestellt werden?  

Die Anzahl an Datensätzen aus dem Intraoralscanner steigt sprunghaft. Auch hier ist eine abgestimmte Prozesskette wichtig.

Für den Datenaustausch nutzen wir die Cloud des Intraoralscanner-Systems. Wir haben einen Labor-Account bei allen gängigen Scanner-Anbietern und greifen automatisiert auf die Scandaten zu. Die weiteren Arbeitsschritte im Labor reihen sich dann wieder in unsere interne Prozesskette ein. Also auch hier heißt es bei uns: „Ohne Kette kein Prozess“.  

Zum Interviewpartner

HaraldKießling

Harald Kießling ist gelernter Zahntechniker mit langjähriger Erfahrung in der CAD/CAM-Branche. 2007 hat er die DMF DentalManuFactur mitgegründet. Das Unternehmen mit Sitz in Wadersloh-Liesborn umfasst die Geschäftsbereiche Dentallabor und Fräszentrum und beschäftigt zwölf Mitarbeiter.

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vom 20.10.2022
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