
Ergonomie in der Zahnarztpraxis: Das sollten Sie beachten
Ergonomie für den Zahnarzt – das klingt zunächst langweilig. Etwas genauer betrachtet handelt es sich jedoch um einen sehr spannenden Fachbereich der Arbeitswissenschaft mit hoher Relevanz für Wohlbefinden, Lebensqualität und Freude an der zahnärztlichen Tätigkeit.
Denn welcher Zahnarzt kennt das nicht: Zum Feierabend zwackt der Rücken, die Gelenke sind steif, die Schultern schmerzen und die Beine sind schwer. Eine nach den Regeln der Ergonomie eingerichtete Zahnarztpraxis kann deutlich zu mehr Wohlbefinden beitragen.
Doch auch in der Zahnarztpraxis bedeutet Ergonomie weit mehr als nur der richtige Stuhl für eine bequeme Sitzhaltung am Behandlungsstuhl.
Kurz gesagt: Ergonomie beschäftigt sich damit, die Arbeit dem Menschen anzupassen. Eine fast schon philosophische Aussage, aber eine logische Schlussfolgerung: Passt sich der Mensch der Arbeit an, ist dies auf Dauer ungesund.
Was also kann in der Zahnarztpraxis getan werden, um mehr Komfort, eine optimale Körperhaltung und ein gesundes Arbeitsumfeld für den Behandler zu schaffen? Wie gestalten sich Zahnärztin und Zahnarzt den Arbeitsplatz ergonomisch, bleiben bei der Behandlung entspannt und vermeiden so langfristig Gesundheitsgefährdungen?
Informationen rund um die Ergonomie in der Zahnarztpraxis
Gesund sitzen: Ergonomie am Behandlungsstuhl
Viele Zahnärzte plagen sich mit Nacken- und Rückenbeschwerden oder haltungsbedingten Kopfschmerzen. Was in jüngeren Jahren oft nur als ein Ziehen oder Stechen empfunden wird, kann nach einigen Berufsjahren zum chronischen Leiden führen. Arbeitsalltag und Privatleben werden beeinträchtigt.
Grund ist in erster Linie nicht die körperliche Konstitution, sondern die Körperhaltung am dentalen Behandlungsstuhl. Heimtückisch: Fehlhaltungen werden meist erst festgestellt, wenn sich Rückenschmerzen oder andere Beschwerden manifestieren.
Grundsätzlich gilt: Durch ein aufrechtes Sitzen behält die Wirbelsäule ihre physiologische Doppel-S-Form und wird gleichmäßig belastet. Die Rückenmuskulatur ist weniger beansprucht und wird gekräftigt.
Lesen Sie dazu auch das Interview mit der Praxisplanerin Loretta Frischkorn über das Finden und Integieren einer Behandlungseinheit und unseren Praxisbericht, in dem ein junges Zahnärztepaar ganz konkret von der ergonomischen Einrichtung ihrer Zahnarztpraxis erzählt:
Ergonomische Arbeitshaltung im Sitzen: Darauf kommt es in der Zahnarztpraxis an
Die folgende Grafik zeigt gemäß ISO 11226 die Arbeitshaltung im Sitzen für Zahnmediziner.
- Natürliche S-Krümmung der Wirbelsäule, keine C-Krümmung
- Knie 110°–120° angewinkelt
- Füße flach auf dem Boden unterden Knien
- Füße vorwärtsgerichtet in einer Linie mit den Oberschenkeln
- Beine leicht gespreizt
- Nackenneigung maximal 25°
- Körperneigung mit der S-Krümmung der Wirbelsäule, maximal 10°
- Oberarme am Körper, maximal 20° erhoben
- Unterarme 10°–15°, maximal 25° über die Horizontale erhöht
- Ellbogen in Mittelposition: Extreme Pronation und Supination vermeiden
- Handgelenke in Mittelposition: Extreme Haltungen der Handgelenke vermeiden
- Symmetrische Körperhaltung: Augen, Ohren, Schultern, Ellbogen, Hände, Hüften, Knie und Fußknöchel befinden sich auf parallelen Linien
Quelle: KaVo Dental
Zudem ist auf Beinfreiheit zu achten. Der Zahnarzt muss mit den Füßen komplett unter den Behandlungsstuhl gelangen können.
Die ergonomische Behandlungseinheit: Tipps für die Auswahl
Viele Hersteller moderner Behandlungseinheiten haben sich auf das Thema Ergonomie eingestellt. Beim Kauf einer neuen Behandlungseinheit sollten ergonomische Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Daneben spielt auch der Arbeitsstuhl des Behandlers eine wichtige Rolle für die Arbeitshaltung.
Zu beachten ist u. a. Folgendes:
- Alle Bedienelemente und die Instrumente müssen gut erreichbar sein; idealerweise verfügt die Behandlungsreinheit über ein schwenkbares, variables Tray.
- Die Beinfreiheit unter der Rückenlehne der Behandlungseinheit ist elementar für die ergonomische Haltung.
- Ein Arbeitsstuhl mit dynamischer Rückenlehne unterstützt den Rücken und richtet Wirbelsäule auf.
- Ein Arbeitsstuhl mit neigbarer Sitzfläche stabilisiert die Sitzposition.
Es empfiehlt sich, an speziellen Schulungen teilzunehmen und sich von einem zertifizierten Dentalfachberater ausführlich beraten zu lassen.
Weiter gedacht: Ergonomie und Praxiseinrichtung
Eine ergonomische Praxiseinrichtung bedeutet zusätzlich zur passenden Behandlungseinheit eine rückenfreundliche Gestaltung der Praxismöbel und eine optimierte Arbeitsorganisation. Zu bedenken sind beim Einrichten der Praxis z. B. die Abstände vom Arbeitsstuhl zum Mobiliar. Hier können spezialisierte Einrichtungsexperten wertvolle Hilfestellung geben.
Tipps dazu erhalten Sie im > Interview mit Loretta Frischkorn, Innenarchitektin bei Henry Schein Dental. Außerdem interessant: Der > Praxisbericht von Dres. Aline und Michael Weyhrauch zeigt, wie es gelingt, eine Zahnarztpraxis von Grund auf ergonomisch zu gestalten.
Haltung zeigen: Ergonomie in der Zahnarztpraxis auch am Schreibtisch
Langes Sitzen ist ungesund - Warum also nicht mal über einen Steh-Schreibtisch nachdenken? Zahnärzte haben viel Büroarbeit zu erledigen und dabei ist Sitzen nicht erforderlich.
Ab und an aufrecht im Stehen zu arbeiten bietet dem Haltungs- und Bewegungsapparat etwas Abwechslung. Stehschreibtische gibt es in allen denkbaren Varianten – von großer Arbeitsfläche bis hin zum kleinen Referentenpult für das Notebook.
Auch flexible Varianten als Kombination aus normalem Schreibtisch und Stehtisch sind denkbar. Aber wie immer gilt: Zwangshaltungen vermeiden!
Tipps für Zahnärzte und Zahnärztinnen: Rückenschmerzen vorbeugen und mindern
Vermeiden Sie Alltagsfallen und legen Sie so eine gute Basis für eine gesunde Arbeitshaltung. Zahnärzte können schon viele Rückenbeschwerden vermeiden, wenn Sie diese verblüffend einfachen Tipps in Ihrer Praxis und darüber hinaus befolgen.
- Wechselnde Sitzpositionen
- Zwischendurch im Stehen arbeiten (z. B. Telefonate im Stehen führen)
- Entspannungsübungen in den Arbeitsalltag integrieren (z. B. mit speziellen Apps)
- Während der Pausen kleine Spaziergänge unternehmen
- Eine aufrechte Körperhaltung einüben und sich regelmäßig bewusst aufrichten - auch in der Freizeit.
- Wenn möglich: am Morgen das Auto stehen lassen und zu Fuß in die Praxis gehen oder das Rad nutzen
- Bewegungsapparat durch sportliche Betätigung stärken
- Work-outs einlegen, z. B. Yoga oder ähnliche Dehn- und Muskelaufbauübungen
- Auf das richtige Schuhwerk im Praxisalltag achten
Wie immer sind es viele kleine Dinge, die ein Ganzes ergeben. Werden grundlegende Regeln der Ergonomie in der Zahnarztpraxis beachtet, kann es pünktlich zum Feierabend beschwerdefrei weitergehen, z. B. mit einem kleinen gesunden Work-out oder einfach einem guten Essen in Ihrem Lieblingsrestaurant.
Denn Entspannung und Abschalten außerhalb der Praxis sind die Grundlage für den nächsten gesunden Arbeitstag.
Annett Kieschnick, Fachjournalistin
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