Praxisbericht: „Intraoralscanner können in der Implantologie ihre Stärke voll ausspielen“
Als Dr. Marcus Parschau vor der Entscheidung stand, welchen neuen Intraoralscanner er für seine Praxis auswählen sollte, konnte der Implantologe auf breite Erfahrungen mit der digitalen Abformung und den Systemen unterschiedlicher Hersteller zurückgreifen - und hatte ganz klare Vorstellungen, was das Gerät leisten sollte.
Bereits als Student im Phantomkurs hatte Marcus Parschau die ersten Scanner kennengelernt. „Das war nicht wirklich zu gebrauchen – eher eine Beta-Version“, kommentiert er rückblickend. „Der Durchbruch kam erst deutlich später, als die Qualität für die erfolgreiche CAD/CAM-Fertigung von Inlays ausreichte. Aber einige Schwächen besonders für die Implantologie blieben lange bestehen: die Genauigkeit reichte für komplexere implantologische Situationen nicht aus, und die Kapazität der Datenverarbeitung kam an Grenzen.“
Welcher dentale Scanner ist am besten für die Implantologie geeignet?
In seiner modernen Zahnarztpraxis Dr. Parschau & Kollegen mit angegliedertem Dentallabor arbeiten in sieben Behandlungszimmern fünf Behandler sowie drei zahnmedizinische Prophylaxe-Assistenten. Die Patienten und ihr Wohlbefinden stehen im Zentrum der hellen und modernen Praxis. Entsprechend war der Mehrwert für die Patienten ein wichtiger Grund für die Investition in den Intraoralscanner.
Entscheidend für die Auswahl des richtigen Geräts war aber die Frage, ob die Präzision des Abdrucks auch für anspruchsvollere implantologische Situationen ausreicht. Bei der Bewertung und beim Vergleich der aktuellen Intraoralscanner auf dem Markt hat sich Dr. Parschau mit einem Zirkel junger, ambitionierter Kollegen aus dem Bereich Implantologie zusammengetan, mit denen er zum Teil seit dem Studium in einem engen fachlichen Austausch steht.
Systematischer Vergleich von Intraoralscannern an speziellem Gipsmodell
„Unsere Grundidee war: Für unsere fachlichen Anforderungen in der Implantologie wäre ein digitaler Scanner super. Und uns war klar, dass wir auch die Patienten schnell begeistern, wenn wir ganz ohne Abformmasse arbeiten. Wichtig war für uns aber vor allem die Eignung für die prothetische Versorgung auch komplizierter implantologischer Fälle – und da kannten viele von uns bereits Geräte, bei denen die Präzision nicht ausreichte.“
Als Testobjekt für die Scan-Genauigkeit wählten die Zahnärzte eigens angefertigte Gipsmodelle einer durchaus anspruchsvollen Implantatsituation: ein All-on-four-Konzept mit stark divergierenden Implantaten im ersten und zweiten Quadranten. Nach und nach probierte die Gruppe verschiedene Scanner an immer dem gleichen Modell aus. Bewertet und verglichen wurde das Handling beim Scanvorgang, die Geschwindigkeit und vor allem das Ergebnis.
Ein Gerät aus dem Vergleich konnte Dr. Parschau restlos überzeugen
„Nachdem wir mehrere zum Teil auch ganz neue Intraoralscanner getestet hatten, war ich schon etwas ernüchtert,“ beschreibt Dr. Parschau den Verlauf der Tests. „Bei unserem Modell stehen die beiden mittleren Implantate gerade, die äußeren ca. 30 % anguliert. In einer solchen Situation muss die Prothetik ganz genau passen – und die Ergebnisse haben mich nicht überzeugt. Auf Empfehlung eines Kollegen habe ich dann die Primescan versucht, die gerade neu vorgestellt worden war. Dieser Scanner hat dann tatsächlich das beste Ergebnis unserer Testreihe geliefert und genau die Dinge in hoher Präzision leisten können, die ich machen wollte.“
Auch bei seinen weiteren Kriterien konnte Dr. Parschau einen Haken machen: Die Abformung eines ganzen Kiefers ging schnell, wie bei den meisten modernen Intraoralscannern deutlich schneller als eine klassische Abdrucknahme. Auch die Kompatibilität des Systems war für die Anforderungen der Praxis ausreichend – ein rein geschlossenes System wäre für ihn dagegen ein eindeutiges Ausschlusskriterium gewesen.
Implantologische Indikationen als besondere Stärke der Intraoralscanner
In der Praxis Dr. Parschau und Kollegen kommt der Intraoralscanner heute täglich in der Prothetik zum Einsatz – anders als in vielen anderen Praxen vor allem in der Implantatprothetik. „In meinen Augen ist die Abformung in der Implantologie eine besondere Stärke der Intraoralscanner. Denn in der Implantatprothetik gibt es in der Regel kein Blut, dadurch sind alle Strukturen gut erfassbar.“
Der einzige Punkt, an dem es nach Aussage von Parschau bei Intraoralscans in der Implantologie noch ein wenig hakt, ist die Prothetik für zahnlose Kiefer. Schon der Full Arch Oberkiefer sei bei dieser Indikation schwierig, im Unterkiefer manchmal unmöglich.
Effiziente Prozesse in der digitalen implantologischen Praxis
Die Vorteile der Digitalisierung für die Abläufe in der Praxis von der Abformung bis zur Fertigung liegen für Dr. Parschau auf der Hand: „Es ist halt schon ein sehr schlanker Workflow, wenn wir nichts mehr durch die Gegend tragen und die drei Treppen zu unserem eigenen Labor nicht mehr laufen müssen. Der ganze Prozess ist effizient. Niemand muss Materialien anfassen, nichts muss ausgegossen werden, es gibt kein Warten. Die Abformung geht spürbar schneller und ich kann direkt am Rechner im Behandlungsraum mit wenigen Klicks die Fertigung anstoßen.“
Bildergalerie: Vom Intraoralscanner bis zur Fertigung in der Implantologie
Nicht jeden Scan macht Dr. Parschau selbst. In der Praxis hat sich eine effiziente Arbeitsteilung eingespielt. Den Gegenbiss fertigt fast immer das vorbereitende Team. Bei einfacheren Situationen wie Einzelzahnversorgungen übernehmen die Mitarbeiter auch den eigentlichen digitalen Abdruck, der dann von Dr. Parschau nur noch geprüft werden muss. Je komplexer es wird, desto häufiger übernimmt der Zahnarzt selbst die Abdrucknahme. Der Scanprozess ist nicht nur für die Patienten, sondern auch für die Mitarbeiter komfortabel. Am Stuhl stehend und richtig positioniert ist die Haltung entspannt und ergonomisch.
„Herausragend für mich als Anwender ist die Möglichkeit, den Scan in Echtzeit am Monitor zu sehen. Denn wenn ich beim Scan unmittelbar sehe, was ich vielleicht gerade nicht richtig getroffen haben, kann ich das sofort korrigieren, ohne nennenswert Zeit zu verlieren. Ich schaue beim Scan tatsächlich fast gar nicht mehr auf den Mund, sondern nur auf den Monitor“, erklärt Dr. Parschau den Scanvorgang. „Auf dem Bildschirm kann ich dem Patienten die Situation im Mund sehr gut zeigen, das ist toll für die Patientenkommunikation und auch mal für das Verständnis, warum ich in einer komplizierteren Situation im Mund dann auch einen höheren Faktor ansetzen muss.“
Gefertigt wird zu 90 % im Eigenlabor. Nach der Abformung sendet der Behandler den Datensatz ins Labor und bekommt eine Bestätigungsnachricht. Die Datenübertragung erfolgt dabei in der Regel über das Portal des Herstellers. Die Zahntechniker im Labor übernehmen die Nachbearbeitung, nach Erfahrung von Dr. Parschau passt der Erstvorschlag der Software aber meist schon sehr gut.
Narkosebehandlungen: „Wenn der Patient aufwacht, hat er bereits Zähne auf den neuen Implantaten“
Das Team um Dr. Parschau macht viele Narkosebehandlung und eine neue Möglichkeit, die sich hier für die Praxis durch den digitalen Scan eröffnet hat, ist das sofortige Einsetzen von Provisorien. Das ist mit den herkömmlichen Mitteln kaum möglich, denn das Ausgießen eines Gipsmodells dauert zu lange. Vor allem aber ist es nicht vertretbar, den Patienten zur Herstellung des Provisoriums länger als notwendig in Narkose zu lassen.
„Gerade im Frontzahnbereich können wir das durch die Digitalisierung gut abbilden und setzen es auch häufig um. Wir machen nach entsprechender Vorbereitung einen Intraoralscan während der OP, das heißt wir scannen die Situation postoperativ noch in Narkose. Die Kollegen in unserem Labor sind natürlich informiert und warten schon. Sie bekommen ohne Wartezeit die Daten und können gleich loslegen, das heißt, sie fräsen es dann schnell aus PEEK aus, und ich habe innerhalb einer halben Stunde ein Provisorium in der Hand, das ich nur noch mit den Implantat-Abutments verkleben muss. Wenn der Patient aufwacht, hat er bereits Zähne auf den neuen Implantaten.“
Patientenkomfort durch Intraoralscanner als Marketing-Instrument in der Implantologie
Heute ist die intraorale Abformung auch Marketing für die Praxis. Das Verfahren ist modern und clean, der Patientenkomfort hoch – das kommt gut an und spricht sich herum. „Wichtigster Punkt ist dabei der Wegfall der Abformmasse. Und: Den Scanner kann ich auch mal kurz aus dem Mund nehmen, wenn der Patient Beschwerden hat. Anders dagegen die Abformmasse – ist die einmal im Mund, muss man alles dransetzen, sie aushärten zu lassen, auch bei Würgreiz.“
Ein weiterer Vorteil in Sachen Präzision und Effizienz ist in den Augen von Dr. Parschau die digitale intraorale Bissnahme. Auch dieser Schritt sei mit dem Intraoralscanner einfacher als das klassische Vorgehen mit Silikonmasse, erläutert er: „Mit unserem Intraoralscanner können wir den Patienten in seiner habituellen Bisslage aufnehmen, das Ergebnis ist einfach besser und präziser.
Dass die Investitionskosten für die Intraoralkamera hoch sind, sieht auch Dr. Parschau. Aber er erkennt auch langfristige Einsparungen, vor allem bei der Arbeitszeit. „So eine Anschaffung macht man nicht allein auf Basis einer Wirtschaftlichkeitsberechnung, da geht es um mehr“, räumt er ein. Und gibt zugleich zu bedenken: „Ich kenne auch Praxen, die haben die hohen Investitionskosten für einen High-End-Intraoralscanner gescheut und sich für günstigere Geräte entschieden. Und einige davon nutzen ihren Scanner nun im Praxisalltag aufgrund funktionaler Einschränkungen in der Implantologie nicht oder nur sehr selten. Und das ist in meinen Augen auch nicht wirtschaftlich.“
Bei Dr. Parschau und Kollegen sieht es anders aus: in der Praxis mit mehreren Behandlern ist die Intraoralkamera permanent im Einsatz – an manchen Tagen reicht das eine Gerät schon fast nicht mehr aus.
Zur Person: Dr. Marcus Parschau
1995 bis 2000 - Studium der Zahnmedizin an der Universität Göttingen und Famulatur an der University of California in San Francisco und Los Angeles
2002 bis 2005 - Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie an der Medizinischen Hochschule Hannover (Prof. Hausamen) sowie Juniorpartner in der Praxis für Implantologie und Robotik von Dr. Bettin (Hildesheim); anschließend Promotion
2001 bis 2007 - Mitarbeiter im Zahnärzte Zentrum Ladeholz in Sehnde (Dres. Schwetje & Stichternath) mit den Schwerpunkten Implantologie, dento-alveoläre Chirurgie und Implantatprothetik
2008 - Praxisgründung in Buchholz/Nordheide mit dem Schwerpunkt Implantologie und Oralchirurgie.
Geprüfter Experte der Implantologie (DGOI), Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie (BdiZ), Diplomate des ICOI und Leiter der DGOI-Studiengruppe Nordheide/Hamburg.
Mitgliedschaften: Medical Instinct – Circle of Vision, DGOI, BDIZ EDI, DGI/DGZMK, DGCZ sowie im UCLA Study Club.