MDR in der Zahntechnik und im Praxislabor
Die MDR (Medical Device Regulation, neue Medizinprodukteverordnung der EU) trat im Mai 2021 in Kraft und ersetzt das bisherige Medizinproduktegesetz (MPG). In erster Linie zielt die Verordnung auf die Medizinprodukte-Industrie.
Aber die MDR wirkt sich auch auf die Zahntechnik aus. Dentallabore und Zahnarztpraxen mit Eigenlabor (Praxislabor) oder eigener CAD/CAM-Fertigung in der Praxis (z.B. CEREC) sind direkt betroffen und sollten sich mit der neuen Verordnung und ihren Auswirkungen vertraut machen. Und auch für Zahnarztpraxen und KFO-Praxen ohne Eigenlabor ergeben sich Änderungen.
In diesem Artikel behandeln wir die nachfolgenden Themen.
Ziele der neuen europäischen Medical Device Regulation (MDR)
Ziel der Medical Device Regulation (MDR) der EU ist eine bessere Patientensicherheit. Mit der Vereinheitlichung des europäischen Medizinprodukterechts sollen Patienten vor risikobehafteten Medizinprodukten geschützt werden, indem die Vorgaben für die Zulassung und der Beobachtung nach dem Inverkehrbringen deutlich verschärft werden. Zuvor hatten Skandale um mangelhafte Brustimplantate und Hüftprothesen das Vertrauen in die Sicherheit von Medizinprodukten erschüttert.
Die Umsetzung dieser Vorgaben verursacht bei Herstellern von Medizinprodukten – und damit auch in der Dentalindustrie – viel Aufwand und Kosten. Neu ist unter anderem eine weiter gefasste Definition für Medizinprodukte und deren Zuordnung mit eindeutiger Produktnummer (Unique Device Identification, UDI) in der europäischen Medizinprodukte-Datenbank (Eudamed).
Die neue Medical Device Regulation wurde 2017 verabschiedet (> Verordnung (EU) 2017/745), trat aber erst am 26. Mai 2021 nach einer Übergangsphase vollständig und verbindlich in Kraft. Ursprünglich war geplant, dass die Übergangsphase der MDR bereits im Mai 2020 endet. Im Kontext der Corona-Pandemie war der Geltungsbeginn um ein Jahr verschoben worden, um Engpässe zu vermeiden.
Spätestens seit dem neuen Stichtag am 26. Mai 2021 muss die MDR in allen Mitgliedstaaten der EU zwingend angewendet werden. In Deutschland wurde die bisherige Richtlinie 93/42/EWG durch die MDR ersetzt.
MDR und Zahntechnik: Klassifikation dentaler Medizinprodukte
Die MDR erweitert die Definitionen im Bereich der Medizinprodukte und aktiven implantierbaren medizinischen Geräte erheblich.
Diese Änderungen betreffen die Zahntechnik und damit Dentallabore jedoch nur in Ausnahmefällen. Grundsätzlich bleibt die Risikoeinstufung in die Klassen I, IIa, IIb und III bestehen. Provisorien gehören demnach weiterhin in Risikoklasse I (geringes Risiko). Dauerhafter Zahnersatz wird der Risikoklasse IIa (mittleres Risiko) zugeordnet. Dentalimplantate fallen dagegen in die Risikoklasse IIb (hohes Risiko).
Die Einstufung in Risikoklasse III (sehr hohes Risiko) bedeutet die Pflicht zu eingehenden klinischen Prüfungen. Hierbei stehen Fragen nach dem klinischen Nutzen und nach möglichen Risiken für den Patienten im Fokus. Die Hersteller müssen das Leistungsversprechen anhand klinischer Studien nachweisen.
Neu in der MDR, aber kaum relevant für die Zahntechnik ist das Scrutiny-Verfahren für implantierbare Produkte der Klasse III sowie für aktive Produkte der Klasse IIb (z. B. Beatmungsgeräte oder Dialysegeräte). Dentallabore stellen diese beiden Produktarten in der Regel nicht her.
Die Anforderungen an die Hersteller beim Inverkehrbringen von Medizinprodukten steigen durch die neue Verordnung erheblich. Laut MDR müssen die Produkte je nach Risikoklasse ein aufwändiges Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen, bei dem unter anderem jedes Medizinprodukt unter einer spezifischen UDI-Nummer in der Medizinprodukte-Datenbank geführt werden muss.
Ist digital gefertigter Zahnersatz laut MDR eine Sonderanfertigung?
Die MDR grenzt serienmäßig in industriellen Verfahren hergestellte Medizinprodukten von sogenannten Sonderanfertigungen ab. Für Sonderanfertigungen, zu denen auch der Zahnersatz zählt, gelten weniger aufwändige Vorgaben. Auch für Dentallabore und Praxislabore erhöhen sich durch die MDR zwar die Anforderungen an die Dokumentation der Herstellung, die enorm hohe Hürde einer Pflicht zur UDI beim Inverkehrbringen entfällt aber bei Sonderanfertigungen.
Unsicherheiten gab es bezüglich der digitalen Fertigung: Sind digital im Dentallabor oder in der Zahnarztpraxis gefertigte Objekte serienmäßig produzierte Medizinprodukte (Pflicht zur UDI)? Oder sind es Sonderanfertigungen, die von einem qualifizierten Berufsträger (in diesem Fall vom Zahnarzt) verordnet und individuell angepasst werden?
Wären es keine Sonderanfertigungen, hätte dies fatale Konsequenzen für Dentallabore und die Chairside-Fertigung. Viele kleinere Dentallabore könnten die Anforderungen der MDR aufgrund der Pflichten und Aufwendungen nicht erfüllen.
Doch die Aufregung scheint „handgemacht“, denn das Gesetz regelt die Definition „Sonderanfertigung“ in Artikel 2 Absatz 3 (MDR) deutlich. Ein Medizinprodukt gilt als Sonderanfertigung, wenn es eigens für einen namentlich genannten Patienten geschaffen wird, spezifischen Auslegungsmerkmalen genügt und den angestrebten therapeutischen Nutzen entfaltet.
Der Zahntechniker oder Zahnarzt fertigt auf Basis einer patientenindividuellen Verordnung; somit scheint die Definition „Sonderanfertigung“ trotz Nutzung industrieller Verfahren geltend. Dies bestätigt das Statement der Europäischen Kommission auf Anfrage des europäischen Zahntechnikerverbandes FEPPD. Die Kommission stellt fest:
"Zahnärzte und Zahntechniker, die Zahnersatz mittels CAD/CAM herstellen, gelten als Hersteller gemäß der Definition im Art. 2(30) der MDR. Wird Zahnersatz mittels CAD/CAM-Verfahren hergestellt, fällt diese Herstellungsart in den Geltungsbereich der MDR. Wird ein Medizinprodukt aufgrund einer schriftlichen Verordnung für einen bestimmten Patienten hergestellt, handelt es sich gemäß Art. 2(3) um eine Sonderanfertigung. [….]. Die Methode der Herstellung ist dabei nicht relevant."
Fazit: Auch digital erstellter Zahnersatz fällt also unter die im MDR genannten Sonderanfertigungen, und ist damit von der UDI-Kennzeichnungspflicht befreit.
Auswirkungen der MDR auf das Dentallabor - Änderungen im Risiko- und Qualitätsmanagement
Vielen Laborinhabern und Zahnärzten mit Praxislabor ist unklar, wie sich die MDR konkret in der Zahntechnik auswirkt. Welche Änderungen ergeben sich für Dentallabore, welche Änderungen für Praxislabore? Was müssen sie tun, damit sie alle Vorgaben der MDR erfüllen?
Handlungsbedarf für Laborbesitzer und Praxen mit Eigenlabor
Als „Hersteller von Medizinprodukten“ gemäß der MDR gelten sowohl gewerbliche Dentallabore als auch Zahnärzte mit Praxislabor bzw. Chairside-Fertigung. Damit ist für das Dentallabor ebenso wie für das Praxislabor ein Risikomanagementsystem bzw. ein QM-System bindend. Es muss eine Dokumentation bzw. ein Nachweis (Rückverfolgbarkeit) über die verwendeten Produkte vorliegen.
Dentallabore, die ihre Prozesse auf die Norm DIN EN ISO 13485 (Version 2016) abgestimmt haben, arbeiten in der Regel bereits zu einem Großteil nach der MDR, dennoch gibt es einige wichtige Änderungen.
Lesen Sie dazu unseren Ratgeber-Text!
Schnell und sicher: Digitale Lösungen für Dentallabor und Praxislabor
Eine digitale Lösung für die Produktdokumentation mit der Möglichkeit der Erstellung von Konformitätserklärungen vereinfacht die Umsetzung der Neuerungen erheblich. So lassen sich viele der Aufgaben effizient lösen, die sich aus den komplexen Anforderungen der MDR in der Zahntechnik ergeben. Eine manuelle Implementierung ist dagegen mit einem erheblichen Aufwand und einem hohen zeitlichen und personellen Einsatz verbunden.
Für Dentallabore und Praxen mit Eigenlabor ist es ratsam, eine MDR-Software zu wählen, die speziell auf die Anforderungen im Bereich der Zahntechnik zugeschnitten ist.
DOCma Labor: Schnell und einfach zur Konformitätserklärung gemäß MDR
DOCma Labor ist eine Software, die im zahntechnischen Labor ebenso wie im Praxislabor ein effizientes des Medizinproduktemanagement gemäß den Vorgaben der MDR ermöglicht und zugleich die Warenwirtschaft - also das Materialmanagement- vereinfacht.
Die Lösung ermöglicht eine zentrale Erfassung aller Produktinformationen und eine lückenlose Rückverfolgbarkeit. So können die Vorgaben der EU-Medizinprodukteverordnung zur Dokumentation und Chargenrückverfolgung von Medizinprodukten im Labor digital, zeitsparend und revisionssicher umgesetzt werden. Die Software speichert die Daten lokal auf dem Praxisserver und nicht in der Cloud, um den bestmöglichen Datenschutz zu ermöglichen. Zudem werden die Daten zur Chargenrückverfolgung immer am Patienten gespeichert.
Die MDR stellt neue Anforderungen an das Risikomanagement, die Chargenrückverfolgung und die Dokumentation im Dentallabor. Mit DOCma Labor erfüllen Inhaber von Dentallaboren und Praxislaboren diese Anforderungen effizient und sicher.
MDR-Software für Dentallabore: So funktioniert DOCma Labor
- Das Erfassen der Lieferung ist mit einem Scanner schnell und einfach möglich.
- Daten wie Verfall und Charge sind bereits im Code enthalten und werden ohne weiteren Aufwand übernommen.
- Erstellung eigener Barcodes über den Drucker - für Produkte die nicht mit einem Code versehen sind.
- Aufträge können über die Auftragserfassung nachvollziehbar und übersichtlich angelegt werden.
- Aus der Auftragsnummer wird ein Barcode generiert.
- Dieser Code wird bei der Fertigung des Auftrages gescannt und alle verwendeten Produkte werden diesem Auftrag einfach per Scan zugebucht.
- Nach Abschluss des Auftrages wird die Konformitätserklärung nach MDR inklusive Angaben zu Materialien, Hersteller, Chargen-Nr., CE Kennzeichen und Verfallsdatum erstellt.