Die Frage nach der perfekten Füllungstherapie beschäftigt viele Zahnärztinnen und Zahnärzte. In unserem Interview erklärt Dr. Markus Lenhard, warum Bulk-Fill-Materialien helfen können.
Um eine hohe Langlebigkeit bei Restaurationen zu erreichen, müssen verschiedene Faktoren beachtet werden. Angefangen vom Interdentalkontakt bis hin zur guten Mundhygiene des Patienten und dem Einsatz einer hochwertigen Polymerisationslampe.
Im Interview gibt Dr. Markus Lenhard Einblicke, wie er ästhetisch und langlebige Füllungen legt und warum er Bulk-Fill-Materialien als große Erleichterung sieht.
Herr Dr. Lenhard, mit Komposits lassen sich sehr ästhetische und langlebige Füllungen legen. Was sollte in der Praxis aus Ihrer Sicht unbedingt beachtet werden, um eine hohe Qualität und Langlebigkeit zu erreichen?
Das ist nicht kurz zu beantworten. Insbesondere müssen Qualität und Langlebigkeit getrennt betrachtet werden, weil sich Letzteres zum Teil der Kontrolle seitens des Behandlers entzieht.
Für die Qualität sind insbesondere bei approximalen Füllungen das Erreichen eines adäquaten Interdentalkontaktes zu nennen. Food Impaction durch fehlende Approximalkontakte sind zum einen für die Patienten lästig und erhöhen zum anderen das lokale Kariesrisiko erheblich. Unbedingt zu nennen ist aber auch die Polymerisation, die für die physikalische Stabilität der Füllung absolut entscheidend ist und dadurch einen direkten Einfluss auf die Langlebigkeit der Restauration hat.
Allerdings hängt die Langlebigkeit auch stark von Patientenfaktoren ab, die wir nur begrenzt kontrollieren können. Dazu gehören funktionelle Störungen wie beispielweise das Knirschen, aber eben auch Ernährung und Mundhygienegewohnheiten. Die durchschnittlichen jährlichen Verlustraten von Komposit liegen insgesamt bei knapp 2,5 Prozent.
Differenziert man hier nach Kariesrisiko ergibt sich ein ganz anderes Bild. Bei niedrigem Kariesrisiko beträgt die durchschnittliche Verlustrate nur noch 1,8 Prozent, das heißt nach zehn Jahren sind über 80 Prozent der Füllungen noch im Mund.
Hat ein Patient ein hohes Kariesrisiko, ist nach zehn Jahren knapp die Hälfte der gelegten Füllungen wieder verloren. Will man Langlebigkeit erreichen, muss man die Patienten also auch zu einer guten Mundhygiene instruieren und motivieren.
Was halten Sie von Bulk Fill-Materialien? Warum denken Sie, besteht Fortbildungsbedarf in diesem Bereich?
Die Einführung der Bulk-Fill-Materialien sehe ich als große Erleichterung für den/die Behandler/in. Auch wenn die Zeitersparnis letztendlich begrenzt ist, da außer dem Schichten alle anderen Arbeitsschritte unverändert bleiben, ist der gefühlte Effekt der Entlastung erheblich.
Zudem findet die Verkürzung der Arbeitsschritte genau an der Stelle statt, an der die Restauration vulnerabel gegenüber Kontamination ist. Und das ist natürlich ein sehr willkommener Effekt, insbesondere wenn auf absolute Trockenlegung verzichtet wird. Bulk-Fill-Materialien sind für mich heute der Standard für Klasse I- und II-Restaurationen.
Beispiel-Case: Füllungstherapie mit Buck-Fill-Material nach Food Impaction
Ausgangssituation. Prämolaren mit jeweils distaler Approximalkaries aufgrund ständiger Food Impaction.
Präparation der approximalen Anschrägung mit oszillierenden Instrumenten.
Selektive Schmelzätzung vor Applikation eines Universaladhäsivs.
Fertige Bulk-Fill-Restaurationen
Trotzdem herrscht noch Zurückhaltung bei den Kollegen…
Die Zurückhaltung in der Zahnärzteschaft führe ich darauf zurück, dass wir über Jahrzehnte darauf konditioniert wurden, den Schrumpfungsstress zu kontrollieren, um eine möglichst randspaltfreie Füllung zu erhalten. Und das geeignete Mittel hierzu war immer das Schichten der Füllung, um die Schrumpfung zu kompensieren.
Mit der Bulk-Fill-Technik wurde dieses Dogma gefühlt über Bord geworfen, was eine gewisse Verunsicherung über die Qualität der Bulk-Fill-Technik mit sich gebracht hat. Die wissenschaftliche Datenlage ist hier aber eindeutig. Bulk-Fill-Restaurationen funktionieren klinisch genauso gut wie konventionell geschichtete Füllungen. Eine Einschränkung gibt es allerdings, ästhetisch sind konventionelle Komposits überlegen, was allerdings in Klasse I und II-Füllungen klinisch nicht relevant ist.
Eine Fortbildung im Bereich Bulk-Fills ist daher durchaus sinnvoll, weil Vorbehalte und Fehleinschätzungen beseitigt werden können.
Effizientes Arbeiten wird für die Zahnärzte und Zahnärztinnen immer wichtiger. Gibt es aus Ihrer Erfahrung "Zeitfresser", die man eliminieren kann?
Das ist individuell recht unterschiedlich. Bei sehr großen Seitenzahnfüllungen spielt sicher auch die Schichtung eine gewisse Rolle, jede Schicht muss ja auch wieder polymerisiert werden.
In Hands-on Kursen erlebe ich immer wieder, dass die meiste Zeit beim Ausarbeiten der Restaurationen verloren geht. Dies gilt insbesondere für Klasse IV -Füllungen, bei denen die Ästhetik eine wichtigere Rolle spielt. Hier hilft es nur, eine Systematik in die Ausarbeitung zu bringen und die, für die adäquate Zahnform, relevanten Schritte abzuarbeiten.
Zum Thema Polymerisation und Polymerisationszeiten hört man sehr Unterschiedliches aus den Praxen: Manche Behandler setzen auf eine Standardzeit von 20 Sekunden für alle Komposit-Materialien, andere arbeiten mit sehr viel kürzeren Zeiten. Auch die eingesetzten Lichtgeräte sind sehr unterschiedlich: das reicht von billigen Polymerisationslampen, die im Internet bestellt werden, bis zu hochwertigen Markengeräten. Wie halten Sie es mit den Polymerisationszeiten und was ist für Sie ein "Muss" bei einem Lichtgerät?
Die Polymerisation ist die Königsdisziplin, wenn es um Langlebigkeit von Kompositfüllungen geht. Eine unzureichende Polymerisation führt zu mehr Frakturen, mehr Abrasion, mehr Randundichtigkeiten und zu mehr Verfärbungen. Alle physikalische Parameter der Füllungen hängen direkt an der Polymerisation.
Grundsätzlich gilt: Verarbeitungsanleitung lesen! Aber auch dann können noch jede Menge Fehler gemacht werden und die wissenschaftlich Datenlage suggeriert, dass dies auch passiert.
So bedeutet jeder zusätzliche Millimeter Abstand des Lichtleiters von der Füllungsoberfläche eine deutliche Einbuße der Intensität. Mit einem Zentimeter Abstand kann Komposit nicht mehr ausreichend polymerisiert werden.
Eine gute Faustregel ist es, die Herstellerangabe zur Polymerisationszeit zu verdoppeln. Dann ist man auf der sicheren Seite.
Was die Erfahrung bezüglich der Verwendung billiger Polymerisationslampen zeigt, ist, dass die Leistungsangaben zum Teil erheblich übertrieben sind, bzw. innerhalb einer Modellreihe deutliche Schwankungen zu messen sind.
Aufgrund der Wichtigkeit der Polymerisation für die Qualität einer Kompositrestauration, rate ich dringend dazu, ein wirklich hochwertiges Markengerät anzuschaffen. Am besten von einem Anbieter, der nicht nur Polymerisationlampen produziert, sondern auch Komposite.
Ein übersichtliches Arbeitsfeld ist unabdingbar für präzises und effizientes Arbeiten. Welche Methoden wenden Sie an, um ihr Arbeitsfeld trocken zu halten
Kofferdam ist immer eine gute Idee. Es gibt aber genügend Situationen, wo er sich kaum adäquat anlegen lässt oder der Aufwand sehr groß wird. Man kann auch mit gutem Gewissen ohne Kofferdam arbeiten, ohne dass die Restauration deswegen schlechter werden muss.
Man muss sich dann eben etwas mehr Mühe geben, eine Kontamination mit Speichel oder Blut zu vermeiden. Dafür stehen uns ausreichend Hilfsmittel wie Wattenrollen, Drytips oder auch der Optragate zur Verfügung. Ich sehe das pragmatisch. Grundsätzlich ist es aber schon so, dass das Arbeiten unter Kofferdam viel entspannter ist.
Vielen Dank für das Interview!
Zur Person: Dr. Markus Lenhard
1992-1997 Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie der Universität Heidelberg.
2003-2010 Lehrbeauftragter der Universität Heidelberg.
Seit 2006 Editorial Board, International Journal of Esthetic Dentistry. Trainer im Curriculum Ästhetische Zahnheilkunde der APW/DGÄZ und der Pfaff-Gesellschaft Berlin.
Mehr als 800 Vorträge und Kurse in 50 Ländern, zahlreiche Publikationen in nationalen und internationalen Fachzeitschriften.
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