Zahnärztin zeigt Patienten im Behandlungszimmer medizinische Röntgenaufnahmen auf einem Tablet.

„KI ist wie eine intelligente Zweitmeinung“

Kategorie: Digitales Röntgen
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Von automatischen Befunden bis zur besseren Kommunikation mit dem Patienten: Künstliche Intelligenz (KI) sorgt in der Röntgendiagnostik für präzisere Diagnosen, spart Zeit und macht moderne Bildgebung auch für kleinere Praxen effizient nutzbar. Warum das nicht nur ein technischer, sondern auch ein kommunikativer Durchbruch ist, erklärt Max Milz, Group Vice President, Connected Technology Solutions (CTS) bei Dentsply Sirona, im Interview mit Henry Schein Dental.

Herr Milz, welche aktuellen Trends gibt es beim Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Zahnmedizin, speziell in der Röntgendiagnostik?

Künstliche Intelligenz verändert spürbar den Praxisalltag – besonders in der Röntgendiagnostik. Wo früher eine rein manuelle Auswertung gefragt war, unterstützt KI die Untersuchung heute automatisiert und auf hohem Niveau: Auf 2D-Röntgenbildern zeigt sie anatomische Strukturen und Auffälligkeiten wie Karies, apikale Läsionen oder Knochenabbau. Das spart Zeit, erhöht die Sicherheit und erleichtert die Kommunikation mit dem Patienten.

Zunehmend rückt auch die 3D-Röntgendiagnostik (DVT) in den Fokus. Dabei unterstützt KI den Zahnarzt durch präzise Navigation und Segmentierung, was gerade bei komplexen Fällen hilft. Für weniger erfahrene Zahnärzte wird der Einstieg in die DVT-Diagnostik dadurch leichter. Erste Anwendungen wie die automatische Segmentierung anatomischer Strukturen sind bereits verfügbar, beispielsweise bei Dentsply Sirona in der DS Core Cloud-Plattform.

Auch nach der Diagnose bietet der Einsatz von KI Vorteile – etwa bei der Implantatplanung oder in der CAD/CAM-Technik bei der digitalen Planung und Herstellung von Kronen in der CEREC-Software. Außerdem erleichtert sie die Dokumentation, die Verwendung von Sprache-zu-Text-Technologie oder den Austausch mit Versicherungen. Künstliche Intelligenz bringt also nicht nur technische Neuerungen, sondern eine echte Entlastung im Alltag.

Welche Vorteile hat KI im Vergleich zur herkömmlichen Röntgendiagnostik? Kann sie helfen, Krankheiten und Anomalien früher oder genauer zu erkennen?

KI ist wie eine intelligente Zweitmeinung – jederzeit verfügbar. Das stärkt die Sicherheit der Diagnose und das Vertrauen der Patienten in die Behandlung. Gerade bei 3D-Aufnahmen nimmt KI Zahnärzten viele manuelle Schritte ab: Sie hebt relevante Bereiche hervor und erleichtert die Navigation im Bild. So wird die Auswertung schneller und sicherer.

Besonders junge oder weniger erfahrene Kollegen profitieren, da typische Befunde schneller erkannt werden. Auch die Patientenkommunikation wird verbessert, da die KI Befunde visuell und für die Patienten verständlich darstellt. So können diese die Zusammenhänge besser nachvollziehen und eher zustimmen – ein wichtiger Beitrag zur Patientenautonomie. Meiner Erfahrung nach ist das sogar der größere Mehrwert derzeit – Röntgenbilder sind für die meisten Patienten schwer zu verstehen, ihre Zustimmung ist jedoch essenziell für die erfolgreiche Behandlung. Wir gehen davon aus, dass heute viele Behandlungen aufgrund mangelnden Verständnisses nicht oder erst spät beginnen.

Portraitfoto von Max Milz, Group Vice President, Connected Technology Solutions beim Dentalproduktehersteller Dentsply Sirona
Max Milz: "KI wird zur echten Alltagshilfe."

Wie zuverlässig sind KI-gestützte Diagnosen, und welche Herausforderungen oder Risiken sind mit der Nutzung von KI verbunden?

KI-Systeme in der Zahnmedizin unterliegen strengen Qualitäts- und Sicherheitsstandards. Die zugrunde liegenden Algorithmen werden mit umfangreichen, sorgfältig validierten Datensätzen trainiert und auf konkrete Fragestellungen hin optimiert. Trotzdem gilt: Die Verantwortung für die Diagnose bleibt immer beim Zahnarzt.

KI ist ein Assistenzsystem – sie macht Vorschläge, trifft aber keine Entscheidungen. Wichtig ist, die Grenzen der jeweiligen Lösung zu kennen, etwa für welche Patientengruppen sie entwickelt wurde.

Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die nahtlose Integration in den Praxisworkflow – etwa in Bildaufnahme, Diagnose, Patientenkommunikation und Behandlungsplanung, wie sie Dentsply Sirona mit der DS Core-Plattform verfolgt. Für viele Anwender ist eine gute Integration wichtiger als herausragende Einzelfunktionen, die dann manuell in andere Anwendungen übertragen werden müssen.

Natürlich ist die Grundlage einer guten KI-gestützten Diagnose zunächst ein exzellentes Röntgengerät oder DVT. Bessere Ursprungsdaten sind eine echte Hilfe. Man muss die Geräte und die Software als Teil einer Lösung betrachten und nicht separat.

Wie genau funktioniert die KI-gestützte Analyse von Röntgenbildern?

Nach der Aufnahme werden Röntgendaten in die jeweilige Plattform, zum Beispiel DS Core, hochgeladen. Unmittelbar danach beginnt automatisch die Berechnung durch KI-gestützte Algorithmen. Im Fall von Dentsply Sirona ist das ein sogenanntes maschinelles Lernmodell, das durch überwachtes Lernen entwickelt wurde. Je nach Art der Algorithmen kann der Anwender schon nach kurzer Zeit bei der Betrachtung und Interpretation der Röntgendaten von der automatischen Berechnung, der Visualisierungsunterstützung oder möglichen Befunden profitieren.

Ein Beispiel in DS Core: Die Panoramakurve des DVT-Bildes wird automatisch berechnet und positioniert, sodass der Benutzer in den meisten Fällen keine manuelle Anpassung vornehmen muss. Das erhöht die Effizienz. Der sogenannte „Smart View“ ermöglicht dem Benutzer verschiedene Visualisierungsmodi für die anatomischen Strukturen, um eine exzellente Patientenkommunikation anzubieten. Für mögliche zukünftige pathologische Erkenntnisse hätte der Anwender entsprechende Interaktionsmöglichkeiten mit den Befunden.

Diese Prozesse laufen im Hintergrund, benötigen keine zusätzliche Eingabe und stehen dem Anwender meist nach wenigen Sekunden zur Verfügung. So spart man Zeit, erhöht die Qualität der Diagnose und schafft mehr Vertrauen im Gespräch mit dem Patienten.

KI und Digitalisierung in der Zahnmedizin
Der digitale Wandel in der Zahnmedizin ist in vollem Gange, künstliche Intelligenz (KI) erobert Zahnarztpraxen und Dentallabore. Die Entwicklung bietet viele Chancen. Sie ermöglicht präzisere Diagnosen und effizientere Abläufe.
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Welche Kosten sind mit der Einführung von KI-Systemen in der Zahnarztpraxis oder im Dentallabor verbunden?

Die Kosten variieren je nach Anbieter und Lösung. Das kann bis zu mehrere Hundert Euro im Monat bedeuten. Dentsply Sirona verfolgt einen anderen Ansatz. Es ist unser Ziel, möglichst allen DS-Core-Nutzern zu möglichst vielen Funktionen Zugang zu geben. Nur so wird die Integration von Workflows eine Realität.

Daher sind bei DS Core erste KI-Funktionen wie die automatische Panoramakurve bereits im „Light“-Abo für rund 20 Euro im Monat enthalten. Umfangreichere Funktionen, wie die automatische Segmentierung, gibt es im „Standard“-Abo für rund 100 Euro.

Diese Abos enthalten aber viele weitere Funktionen: einen großen Datenspeicher, einfachen Datenaustausch, Integration mit Laboren, Scannen mit der Primescan 2 , Workflows für CEREC und Primeprint sowie Aligner-Simulationen für das SureSmile-System.

Lohnt sich der Einsatz von KI auch für kleinere Zahnarztpraxen?

Absolut. Gerade kleine Praxen können von der Effizienz der KI – ohne aufwendige IT oder Schulungen – profitieren. Viele Funktionen laufen automatisch im Hintergrund und entlasten den Zahnarzt gezielt bei Diagnose, Dokumentation und Patientenaufklärung.

Das Ergebnis: ein moderner digitaler Workflow mit geringem Aufwand und hohem Mehrwert. Auch wirtschaftlich rechnet sich die Integration von künstlicher Intelligenz oft schnell durch Zeitersparnis und eine höhere Behandlungsqualität.

Müssen Zahnärzte oder Zahntechniker spezielle Schulungen absolvieren, um KI-Systeme zu nutzen?

KI sollte nahtlos in bestehende Software integriert sein – nicht als kompliziertes Extratool. Wir gut das gelingt, liegt am jeweiligen Anbieter. Dentsply Sirona hat viel Erfahrung mit Software für Zahnärzte, etwa in den Bereichen Röntgen, Intraoralscannern, CEREC oder 3D-Druck, die nun in DS Core zusammengeführt werden. Unser Ziel ist die nahtlose Integration von Workflows.

Die KI-Funktionen sind so gestaltet, dass sie ohne große Schulung nutzbar sind. Die Oberfläche ist intuitiv, die Funktionen sind praxisnah. Wer bereits digital röntgt, findet sich in der Regel sofort zurecht und profitiert von der zusätzlichen Unterstützung. Online-Tutorials und Supportangebote erleichtern den Einstieg zusätzlich – KI wird so zur echten Alltagshilfe.

Zur Person

Max Milz arbeitet seit Januar 2021 als Group Vice President, Connected Technology Solutions (CTS) bei dem Dentalproduktehersteller Dentsply Sirona.  Dort ist er verantwortlich für den Geräte-, Software- und Cloud-Plattform-Bereich des Unternehmens, einschließlich Bildgebungs-, CAD/CAM- und Behandlungseinheiten.

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vom 16.07.2025
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